Alltagsgeschichten, Tipps und Tricks
Es gibt sie in England an jeder Ecke – die Charity Shops.
Überall haben Wohltätigkeitsorganisationen wie Oxfam, diverse Hospizvereine und Tierschutzorganisationen, Cancer Research UK, das British Red Cross, die British Heart Foundation oder Age UK ihre Ladengeschäfte. Es sind meist kleinere Läden, die von allem etwas anbieten: Bücher, CDs und DVDs, Dekoartikel, Hausrat, Kleidung, Spielzeug, etc. Aber man findet auch riesengroße Superstores, exklusivere boutique-style Geschäfte oder Shops, die sich auf Bücher, Kinderartikel oder Möbel spezialisiert haben. Bevor nicht verkaufte Ware endgültig aus den Auslagen verschwindet, werden die Sachen in die Discounter der jeweiligen Organisation gebracht und der Preis wird reduziert. Auch der Onlinehandel floriert.
Gerne werden gebrauchte Dinge als preloved bezeichnet. Ich finde den Begriff großartig! Das hört sich nicht so abgegrabbelt an wie second-hand, ist aber auch nicht so gehoben wie vintage. Preloved ist einfach nett und ich musste lächeln, als ich ihn zum ersten Mal gehört habe. Das war bei der Anmeldung an der neuen Schule unserer Jungs. Dort gibt es mehrere Male im Jahr einen School Uniform Sale, bei dem man Blazer, Krawatten, Sportoutfits und alles, was die Schüler sonst noch für ihre Ausstattung brauchen, bekommen kann. Wenn man Glück hat, findet man auch etwas in der richtigen Größe und spart viel Geld.
Ausreden, weshalb man seine aussortierten Sachen nicht aus dem Haus schaffen kann, weil man nicht weiß, wohin damit, hat man hier wirklich nicht. Es wird einem sehr leicht gemacht. Ich habe mich am Anfang gut umgeschaut und mir meinen Lieblingsladen ausgesucht. Er hat ein breites Sortiment, ist in der Nähe und unterstützt einen Hospizverein. Wenn wir nun etwas nicht mehr brauchen, das noch in einem guten Zustand ist, bringe ich es dort vorbei.
Wohin bringst du deine ausrangierten Teile?
Falls du noch keine Organisation deines Vertrauens gefunden hast, lohnt es sich, dir darüber ein paar Gedanken zu machen. Warum? Na, wenn du beim Einpacken schon weißt, wer sie wieder auspacken wird und wo deine Spenden neue Besitzer finden können, fällt es dir leichter, die Dinge weiterziehen zu lassen.
Suche dir eine Organisation aus, bei der du ein gutes Gefühl hast und deren Anliegen du gerne unterstützt. Wenn dir die Anlaufstellen und Abläufe vertraut sind, überwindest du deinen inneren Schweinehund eher und die Hemmschwelle ist viel geringer, dort auch wirklich mit deinen Spenden vorbeizugehen. Also: Gibt es bei dir in der Nähe ein Sozialkaufhaus, einen Kleiderladen vom Kinderschutzbund oder einen alljährlichen Basar einer Kirchengemeinde? Kennst du die Öffnungszeiten? Weißt du, wann die Spendenannahmetermine für den Basar sind? Schreibe sie dir am besten gleich in den Kalender. Denn: aussortierte Sachen müssen so schnell wie möglich aus dem Haus!
Achte auch auf eine gute Erreichbarkeit. Kannst du vor der Tür parken und deine Spenden problem- und gefahrlos ausladen? Kommst du auf deinem täglichen Spaziergang dort vorbei? Wenn du häufiger vorbeigehst, kannst du ja vielleicht mit der Zeit eine freundschaftliche Beziehung mit den Mitarbeitern aufbauen. In einem netten Gespräch erfährst du dann, was gerade gesucht wird, was gar nicht gebraucht wird oder wie du die Sachen hilfreich vorsortieren kannst. Solltest du wirklich sehr viel auf einmal haben, lohnt sich ein Anruf vorab. Frag ruhig nach, ob die Sachen auch abgeholt werden können. Gerade bei Möbeln wird das durchaus angeboten. Und wenn du dir unsicher bist, ob bestimmte Sachen überhaupt angenommen werden, frag auch ruhig vorher nach. Möglicherweise ersparst du dir und den Helfern viel Arbeit.
Buchtipp:
Und falls du Lust hast, auf unterhaltsame und leichte Art ein paar tiefere Einblicke in die Seele eines englischen Charity Shops zu bekommen, dann empfehle ich dir den Roman „Preloved“ (dt. „Ein Ort für Herzensdinge“) von Lauren Bravo.
Motivation, Tipps und Tricks
Morgen beginnt sie wieder, die alljährliche „Spring Clearing Week“. Dieses Jahr steht sie unter dem Motto Inspiring A Sustainable Future. Diese „Entrümpelungswoche“ wurde 2018 von APDO ( Association of Professional Declutterers and Organisers) eingeführt, um Menschen in Großbritannien dazu anzuregen, sich Gedanken zu machen, welche Auswirkungen Unordnung in ihrem Leben hat und sie zu ermutigen, etwas dagegen zu unternehmen.
Hast du Lust, mitzumachen? Dann lade ich dich ein, in den kommenden sieben Tagen deine Wohnung genauer unter die Lupe zu nehmen und mit neuen Verhaltensweisen und Abläufen zu experimentieren. Alles, was du brauchst, sind 30 Minuten Zeit am Tag: 15 Minuten morgens und 15 Minuten am Abend.
Und so geht´s:
- Nimm einen Stift und Papier (oder dein Handy) zur Hand und schreibe ganz kurz auf, wie du dich in deinem Zuhause fühlst. Wenn du weißt, wie du dich fühlen möchtest, schreibst du es dazu.
- Dann schreibst du auf, an welchem Projekt du in den kommenden sieben Tagen morgens 15 Minuten lang arbeiten möchtest. Ist es dein Kleiderschrank, den du endlich einmal ausmisten möchtest? Oder ein spezielles Zimmer? Du kannst dir auch jeden Tag ein anderes Zimmer vornehmen und dich so einmal durch die Wohnung arbeiten.
- Lege dir einen Karton für Spenden und eine Mülltüte bereit.
Morgens:
Stell dir einen Timer auf 15 Minuten und arbeite an deinem Projekt. Danach machst du Schluss. Am nächsten Tag machst du genauso weiter. Tipp: Steh eventuell 15 Minuten früher auf, wenn sonst alles zu eng getaktet ist. Und arbeite dich in kleinen überschaubaren Häppchen vor. Also: Schublade für Schublade, Regalbrett für Regalbrett, Schrank für Schrank. Denn genau darum geht es bei dieser Übung – kleine Gewohnheiten in den Alltag einzubauen, um eine nachhaltige Ordnung zu erreichen.
Abends:
Stell dir wieder den Timer auf 15 Minuten, geh durch deine Wohnung und bringe sie wieder in Ordnung. D.h.: falte die Kuscheldecke auf dem Sofa zusammen, bring alle Tassen in die Küche zurück, hänge die getragene Kleidung entweder auf oder lege sie in den Wäschekorb, räume den Tisch ab, stell die Schuhe nebeneinander hin. Das ist jetzt die Zeit, um einmal klar Schiff zu machen. Und nach 15 Minuten hörst du wieder auf. Tipp: Wenn noch ein bisschen zu spülen ist oder die Wäsche aufzuhängen, delegiere es, wenn möglich, ruhig an andere Familienmitglieder. Du bist für den Gesamtüberblick zuständig.
Nach einer Woche:
Wie geht es dir? Bist du gut mit deinem Projekt vorangekommen und wie war die allabendliche Runde durch die Wohnung? Hat sich etwas verändert?
Jetzt brauchst du nur noch die Spenden und aussortierten Sachen so schnell wie möglich weiterzugeben. Vielleicht möchtest du ja auch eine oder sogar beide täglichen Übungen für eine nachhaltige Ordnung beibehalten.
Neuigkeiten
Wenn man als Ordnungscoach unterwegs ist, arbeitet man in der Regel alleine bei und mit den Kunden. Umso schöner ist es, Kolleginnen und Kollegen (der Anteil der Männer in diesem Job ist wirklich sehr gering, aber es gibt sie!) persönlich zu treffen und sich auszutauschen.
Letzte Woche gab es dazu wieder Gelegenheit: Am 7. und 8. März 2024 fand in London die jährliche Konferenz der Association of Professional Declutterers and Organisers (APDO) unter dem Motto Inspiring a sustainable future statt. In lockerer und wertschätzender Atmosphäre konnten 102 Teilnehmerinnen und die beiden männlichen Teilnehmer zwei Tage lang Vorträgen lauschen, Workshops besuchen, eine Panel Discussion verfolgen, die Produktneuheiten der Aussteller und Sponsoren kennenlernen, ausgiebig Kontakte knüpfen und netzwerken. Die Konferenz war international mit Sprecherinnen aus Kanada, den Niederlanden, den USA und dem Vereinigten Königreich und weiteren Besucherinnen aus Brasilien, Deutschland, Frankreich und Hong Kong besetzt. Die Themen umfassten Social Media Strategies, Digital Productivity Tools und Digital Data Legacy. Aber auch die Frage Wohin mit aussortierten Gegenständen? wurde beantwortet und Interessantes zu Chronical Disorganization und Hoarding Behaviour und Konsumverhalten und Abhängigkeit war zu erfahren. Ich war zum zweiten Mal dabei und es hat wieder richtig Spaß gemacht. Ich habe viele Anregungen bekommen, mich gefreut, bekannte Gesichter wiederzusehen und Menschen persönlich kennenzulernen, die ich bislang nur online getroffen hatte.
Sowieso bin ich beeindruckt davon, wie etabliert, professionell und gut organisiert die „Professionellen Organisierer“ hier sind. APDO feiert in diesem Jahr bereits sein 20-jähriges Bestehen. Neben den Schulungen und Trainings stehen viele Aktionen an: Angefangen mit der Spring Clearing Week vom 18. bis 24. März 2024 über den World Organising Day am 20. Mai 2024 bis zur National Organising Week (NOW) 2024 im Herbst vom 16. bis 23. September 2024. Fortlaufend gibt es die Möglichkeit, sich untereinander zu verbinden: in einer Facebook-Gruppe, einem Buch-Club, einer Special Interest Group (SIG) oder im Community Call. Hier trifft man sich einmal im Monat zu einem einstündigen Austausch auf Zoom, um Neues über geschäfts- und branchenrelevante Themen zu erfahren und die eigenen Erfahrungen weiterzugeben.
Und das alles funktioniert auf ehrenamtlicher Basis. Hut ab! Die britischen POs verstehen ihr Handwerk.